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Apokryphen - allgemein
 
 
von Titus Vogt

Wenn in theologischen Büchern von "Apokryphen"1 die Rede ist, meint man eine Anzahl von Schriften, die zwischen der Fertigstellung des Alten Testamentes und Jesu Geburt (in der sogenannten zwischentestamentarischen Zeit) geschrieben wurden. Dazu gehören z.B. das Buch Jesus Sirach, die Makkabäerbücher, das Buch Tobit und einige andere. Diese Bücher gehörten aber bei den Juden (zumindest bei den hebräischsprachigen Juden definitiv) nie zum Kanon.

Als im 2./3. Jh. v.Chr. das Alte Testament aus dem Hebräischen (bzw. Aramäischen2) ins Griechische übersetzt wurde und so die sogenannte Septuaginta3 entstand, hat man aber einige von diesen neueren Schriften gleichwohl mitübersetzt (einige apokryphe Schriften sind wohl auch ursprünglich gleich auf griechisch geschrieben worden). Zumindest sind in den ältesten (halbwegs) vollständig erhaltenen Handschriften der Septuaginta, die aus dem 4./5. Jahrhundert n.Chr. stammen, die Apokryphen mit enthalten. Ob aber die Juden in Alexandrien (Ägypten), die die Septuaginta übersetzen, tatsächlich der Meinung waren, daß diese zusätzlichen Schriften kanonisch sind, ist damit noch nicht gesagt.

Die ersten Christen haben nun, wenn sie das AT auf griechisch zitierten, häufig die Septuaginta benutzt.4 Daher kommt die große Achtung vor dieser Übersetzung in der katholischen und den orthodoxen Kirchen, die eben in ihrem AT-Kanon formal der Septuaginta folgen.

Die evangelischen Kirchen folgen für das Alte Testament einfach dem anerkannten jüdischen Kanon, so wie ihn auch Jesus angenommen hat. Sie verweisen zudem darauf, daß im Neuen Testament nie aus den Apokryphen zitiert wird. Dazu kommt, daß es in den Apokryphen eine Anzahl Stellen gibt, die aus evangelischer Sicht theologisch mindestens äußerst problematisch sind und die gerade von der katholischen Kirche als Begründung für spezifische Lehren/Praktiken herangezogen werden (z.B. Gebet für Tote [vgl. 2Ma 12,39-46]). Zudem scheint es einige historische Fehler in den Apokryphen zu geben, so daß auch von dieser Seite die sonst von der Heiligen Schrift gewohnte Zuverlässigkeit und Wahrheit nicht gegeben ist.

In der Kirchengeschichte gab es tatsächlich lange Zeit keine hundertprozentig amtliche Stellungnahme zu diesem Problem. Erst als Luther die Kanonizität der Apokryphen abgelehnt hatte (sie seien zwar "nützlich zu lesen, aber der Heiligen Schrift nicht gleichzurechnen"), fühlte sich die katholische Kirche herausgefordert, diese nun förmlich zu bekennen - so denn geschehen im Trienter Konzil 1546. Die katholische Kirche redet denn auch nie von "Apokryphen", sondern bestenfalls von "Spätschriften des Alten Testaments". Im ökumenischen Sprachgebrauch gibt es noch die Formulierung "deuterokanonische Schriften" (also in Bezug auf die Kanonizität zweitrangig).


Fußnoten:

1 Der Name kommt vom griechischen Wort "apokryphos" = "verborgen".

2 Ein paar kürzere Abschnitte jüngeren Datums sind in dieser Sprache, die die Juden bei der Rückkehr aus dem babylonischen Exil quasi mitbrachten.

3 Sie wurde der Legende nach von 70 Männern übersetzt, daher der Name.

4 Die Septuaginta war einfach die gängige und weit verbreitete griechische Übersetzung des AT's.