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Leserbriefe Intelligent Design
 
 
von Titus Vogt
Leserbrief vom 17.08.2005 an DIE ZEIT

Sehr geehrte Damen und Herren,

gerade habe ich den flott geschriebenen Beitrag "Gott pfuscht nicht" (http://www.zeit.de/2005/33/Kreationismus) von Steve Jones gelesen. Nun, ich kenne die US-amerikanischen Verhältnisse in der Diskussion zwischen Kreationismus und Darwinismus nicht so detailliert, aber die entsprechenden deutschen sind mir vertraut. So muss man konstatieren, dass das Bild, das Jones von den Kreationisten zeichnet, zumindest auf die deutsche Situation nicht im mindesten zutrifft.

Auch in Deutschland gibt es etliche Wissenschaftler, die "Intelligent Design" vertreten. Ihnen pauschal "Denkfaulheit und Arroganz" vorzuwerfen, wäre schlicht unsinnig und an jeder Realität vorbei. Und ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, dass die Verhältnisse in den USA so ‚schlimm' sein sollten, dass ein solch tiefer Griff in die Mottenkiste der verbalen Beleidigung ‚notwendig' wäre.

Der vielleicht bekannteste deutsche ID-Vertreter ist Prof. Werner Gitt, der über viele Jahre Leiter der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig war. Es ist kaum anzunehmen, dass ein Wissenschaftler, der sich durch Denkfaulheit und Arroganz auszeichnen würde, einen solchen Job bekäme ...

So offenbart der Artikel von Jones nicht zuletzt, dass er selbst das tut, was er den Kreationisten - m.E. zu Unrecht - vorwirft: er kümmert sich nämlich offenbar nicht im mindesten um die inhaltlichen Argumente, die mittlerweile in vielen Büchern in z.T. sehr wissenschaftlicher Form referiert und diskutiert werden. Wer nur mal einen kurzen Blick auf die Arbeit der Studiengemeinschaft "Wort und Wissen" (http://www.wort-und-wissen.de) geworfen hat, kann eine solch undifferenzierte und ausgesprochen polemische Stellungnahme, wie Jones sie abgegeben hat, nicht mehr ansatzweise nachvollziehen.

So hoffe ich, dass solche dem Ansehen der ZEIT wirklich unwürdigen Artikel in der Zukunft nicht mehr erscheinen.

Mit freundlichen Grüßen
Titus Vogt, Theologe

Leserbrief an Spiegel Online vom 27.12.2005

Mit Interesse habe ich den Artikel "Stammt Gott von Darwin ab?" von Claus Christian Malzahn (Spiegel Online, 26.12.2005 http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,392280,00.html) gelesen.

Zunächst bin ich mit dem Autor darin einig, dass auch bei uns in Deutschland die Debatte um Evolution und/oder Schöpfung bzw. Intelligent Design ganz neu wieder diskutiert werden wird (wofür es ja seit Monaten bereits vielfältige Belege gibt - man vgl. nicht zuletzt die letzten entsprechenden Sendungen im ZDF).

Übergehen wir einmal den einigermaßen überzogenen Vergleich der ID-Vertreter mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Il ebenso wie die pauschale wie falsche Behauptung, ID hätte "nichts weniger im Sinn …, als die moderne Wissenschaft außer Gefecht zu setzen", auch wenn auch mich dies an die mittelalterlichen Auseinandersetzungen zwischen Wissenschaft und Kirche erinnert, wobei im vorliegenden Falle noch zu diskutieren wäre, wo die quasi allmächtige ‚Kirche' und wo die unterdrückte ‚Wissenschaft' zu lokalisieren ist. Jedenfalls kann ich momentan nicht sehen, dass die ID-Vertreter quasi allmächtig wären ...

"Beim modernen Glauben kann es heute nicht mehr darum gehen, den Kosmos zu erklären und wie er entstanden ist. Aufgeklärter Glauben ist heute nicht mehr - aber auch nicht weniger - als Sicherheitsgurt und Trostpflaster in einer rasend schnellen Welt", schreibt Malzahn. Aber jetzt geht es wirklich an die Substanz. Hier definiert der Autor doch mal eben so nebenher, was aufgeklärte Religion noch zu beinhalten hat und was nicht. Ob dieser Anmaßung ist man doch einigermaßen erstaunt. Im übrigen wird sich Malzahn die Gläubigen für diese Art Glauben noch suchen müssen, denn die absolut übergroße Anzahl von Gläubigen, und zwar unabhängig von ihrer Religion, ist der festen Überzeugung, dass der Glaube sehr wohl grundlegende Antworten über das Woher und Wohin der Welt an sich und damit auch jedes einzelnen Menschen gibt. Man mag ja aufgrund atheistischer Positionen persönlich der Meinung sein, dass das heute nicht mehr zeitgemäß sei. Aber Religion per se das Recht abzusprechen, über den Ursprung der Welt Aussagen zu machen, huldigt einem Alleinvertretungsanspruch (nämlich dem des Biologismus) in wirklich unerträglicher Weise.

Ja, "Glauben ist per Definition unwissenschaftlich" (obgleich "nichtwissenschaftlich" wahrscheinlich der bessere Begriff wäre). Nur hat keiner, auch kein ID-Vertreter oder Schöpfungsforscher, je ernsthaft das Gegenteil behauptet. Es ist gerade der "Studiengemeinschaft Wort und Wissen" zu verdanken, hier in Deutschland sehr deutlich auf die Grenze zwischen Glauben und Wissenschaft hingewiesen zu haben. Deshalb gibt es in dem Schulbuch "Evolution - ein kritisches Lehrbuch" ein extra Kapitel mit der Überschrift "Grenzüberschreitungen", wo in der für die Studiengemeinschaft typischen fairen und zurückhaltenden Art mögliche Deutungen der biologischen Fakten in einem Schöpfungsmodell diskutiert werden. Aber, bei allem Respekt, dies machen doch die Evolutionsvertreter keinen Deut anders. Wenn Gott an und für sich unbeweisbar ist, dann trifft das doch ebenso auf eine postulierte Nichtexistenz Gottes zu. Von dieser gehen doch nun aber "die Wortführer der Evolutionsführer" aus, wenn sie sagen: "Es gibt keinen Gott". Das sei ihnen in einem freien Land ja auch zugestanden, nur ist das eben eine ebenso religiöse Voraussetzung wie die der Christen, dass es einen Gott gebe. Die weltanschaulich neutrale Wissenschaft gibt es eben nicht, kann es per Definition nicht geben. Nein, auch die Evolutionstheorie hat ihre quasi-religiösen Axiome, die nicht hinterfragt werden, sondern die fest behauptete Basis deren Arbeit darstellen. Wenn diese, prinzipiell richtige Feststellung, bei ID- und Schöpfungs-Vertretern immer wieder deutlich hervorgehoben wird, sollte man dies bei den Evolutionsvertretern nicht völlig vergessen, denn dort ist es strukturell identisch.

Na ja, ob die neodarwinistische Biologie uns wirklich helfen wird, "uns über den Menschen klarer zu werden", wage ich ja noch zu bezweifeln. Bisher hatte ich durchaus nicht diesen Eindruck. Und wer dann einfach sagt, dass Biologen nichts von Gut und Böse verstehen müssten, versucht diese zu schnell aus dem Schussfeld zu nehmen. Denn irgendwo müssen ethische Wert ja herkommen. Wenn der Neodarwinismus u.a. mit seinem Konzept vom Überleben des Stärkeren Recht hat, hat das zwangsläufig ethische Konsequenzen, noch dazu, wenn man Gott vorher per Definition ausgeschlossen hat - das ist gar nicht zu verhindern. Und weil man das große Dilemma ahnt, Gott dann durch die Hintertür als "steile These der Religionsphilosophie" wieder einführen zu wollen, klingt schon fast nur noch naiv. Da kann man dem abschließenden Satz des Autors nur zustimmen: "Aber wer glaubt schon sowas."

Titus Vogt, Theologe